Seit Mai 2017 unterstützt der Lemonaid & ChariTea e.V. die Non-Profit Organisation (NPO) Nceduluntu Wesley Community Project an der Südost-Küste Südafrikas. Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, durch die Förderung verschiedener einkommens­generierender Projekte zur sozioökonomischen Entwicklung dieser historisch und klimatisch stark benachteiligten Region beizutragen. Im Mai 2020 haben wir mit einer Weiterförderung begonnen, um die vom Klimawandel und damit verbundenen extremen Dürreperioden in Südafrika betroffene Organisation für weitere drei Jahre institutionell zu unterstützen.


Die Projekte der NPO Nceduluntu Wesley Community Project werden in Wesley, einer Gemeinde im Ngqushwa Distrikt am Ostkap Südafrikas durchgeführt. Während der Apartheid gehörte dieses Gebiet zum ethnisch segregierten Homeland Ciskei. Obwohl alle Homelands im Jahr 1994 offiziell in verschiedene Provinzen Südafrikas eingegliedert wurden, bleibt ihr trauriges Erbe bestehen: Strukturelle Probleme wie extreme Armut, hohe Arbeitslosenraten und eine relativ niedrige Alphabetisierungsrate prägen die Region. Darüber hinaus ist die Region seit Jahren zunehmend von extremen Wetterereignissen wie langanhaltenden Dürren und Wirbelstürmen als Folge des globalen Klimawandels betroffen. In drei aufeinanderfolgenden Jahren hat es in der Region deutlich unter dem Durchschnitt geregnet, von Juli 2018 bis November 2019 gab es überhaupt keinen Niederschlag. Als Folge dessen wurde das Ostkap im November 2019 von der Regierung zur Dürrekatastrophenprovinz („Drought Disaster Province“) erklärt. Auch das Corona-Virus verschont das Land nicht, ganz im Gegenteil, Südafrika gilt als einer der aktuellen Brennpunkte der Pandemie.

Die Organisation Nceduluntu hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Armut und insbesondere die hohe Arbeitslosenquote in der kleinen Gemeinde am Ostkap zu bekämpfen. Sie fungiert dabei als sogenannter Projektinkubator, d. h. als Gründungszentrum für verschiedene Projekte, die Einkommen für die lokale Bevölkerung genieren und dadurch die wirtschaftliche Entwicklung der Region ankurbeln sollen. Dabei stellt das Nceduluntu Centre Räumlichkeiten und Grundstücke zur Verfügung, auf denen die Projekte angesiedelt sind, und ist für das Projektmanagement, die Finanzverwaltung, die Administration, das Marketing, die Logistik, das Anlagenmanagement und die Beschaffung für die Teilprojekte verantwortlich. Außerdem werden die Teilnehmenden der Projekte nach der Grundausbildung solange formal von Nceduluntu beschäftigt, bis ihre Projekte finanziell unabhängig sind. Darüber hinaus hat Nceduluntu in Wesley eine Einrichtung für Informations- und Kommunikationstechnologie eingerichtet, die den Anwohnenden u. a. die Möglichkeit bietet, das Internet zu nutzen oder zu fotokopieren.

Anhaltende Dürre zwingt Projekte zum Neustart

Seit Mai 2017 bekommt Nceduluntu finanzielle Unterstützung vom Lemonaid & ChariTea e.V. für die Förderung von zwei Teilprojekten: ein Gärtnereiprojekt für Gemüsesetzlinge sowie ein Imkereiprojekt. Beide Projekte konnten anfänglich wie geplant umgesetzt werden: Beim Imkereiprojekt investierte die Einrichtung zunächst in Bienenstöcke, Ausrüstung, Schutzkleidung und Ausbildungsmaterialien. Außerdem wurden insgesamt sechs Imker:innen ausgebildet und von Nceduluntu finanziell im Rahmen von Stipendien gefördert. Da die vielen Eukalyptusbäume in der Umgebung von Wesley zahlreiche wilde Bienenschwärme anlocken, konnten bereits viele der insgesamt 20 Bienenstöcke besiedelt werden. Als im Mai 2018 der erste Honig geerntet und produziert wurde, war die Nachfrage in der lokalen Community groß: Alle waren sich einig, dieser Honig schmeckt köstlich. Neben lokalen Abnehmenden sorgt außerdem ein großer Met-Produzent im nahegelegenen Grahamstown für eine stabile Honig-Nachfrage.

Der fertige Honig © Nceduluntu

Seit Mai 2018 ist das Projekt aufgrund der anhaltenden Dürre im Ostkap jedoch fast vollständig zum Erliegen gekommen. Die Bienen verließen nach und nach die Bienenstöcke, da Pflanzen und Blumen langsam austrockneten. Mit dem Regen kehrten ab etwa März 2020 die Bienenschwärme zurück und so konnten die Imker:innen die Honigproduktion allmählich wieder hochfahren. Um während der Trockenzeit trotzdem noch Einnahmen zu generieren, boten die Projektteilnehmenden zusätzlich einen Bienen-Entfernungs-Service für benachbarte Dörfer und Ferienanlagen an. Geplant ist außerdem, die Bienenstöcke in ein neues, abgelegeneres Gebiet mit dichterer, ursprünglicherer Natur zu versetzen, um weitere Bienenschwärme anzulocken.

Auch das Gärtnereiprojekt für Gemüsesetzlinge lief gut an: Zehn Personen wurden eingestellt und ausgebildet, und seit November 2017 werden Setzlinge zu erschwinglichen Preisen an Kleinfarmer:innen und Haushalte aus etwa 30 Dörfern in der Provinz verkauft. So konnte das Projekt bereits einen wichtigen Beitrag zur lokalen Nahrungsmittelsicherheit beitragen, was in Zeiten der Corona-Pandemie noch wichtiger geworden ist, da der Transport zu überregionalen Märkten gesetzlich eingeschränkt wurde. Auch dieses Projekt hatte schwer mit der Dürre in den Jahren 2017 bis 2019 zu kämpfen: Die Nachfrage nach Setzlingen brach vom einen auf den anderen Tag quasi komplett ein, da die Menschen in der Region aufgrund des ausbleibenden Regens kaum mehr was anpflanzten. Infolge des Kollapses der städtischen Wasserversorgung war es den Farmer:innen außerdem auch nicht mehr erlaubt, ihre Parzellen zu bewässern. Als es zu Jahresbeginn wieder zu regnen begann, stieg die Nachfrage nach Gemüsesetzlingen in der Bevölkerung wieder an. Um die Gemeinschaft bei der Bewältigung von Wasserknappheit zu unterstützen, plant Nceduluntu, die Projektteilnehmenden in speziellen Methoden der Pflanzenproduktion zu schulen, welche die Auswirkungen von Dürre beispielsweise durch Einsparung von Wasser zur Bewässerung, bessere Regenwassersammlung und Feuchtigkeits­speicherung im Boden mildern sollen. Die Idee ist es, dass die Projektmitglieder als Multiplikator:innen fungieren, indem sie das in den Schulungen erworbene Wissen an die lokalen Farmer:innen weitergeben. Außerdem planen die Imker:innen, durch eine intensivere Vernetzung und Vermarktung ihrer Produkte im gesamten Ostkap größere Bestellungen zu erhalten und damit höhere Umsätze zu erzielen, um der finanziellen Unabhängigkeit näher zu kommen.

Neben diesen zwei Projekten betreut der Nceduluntu-Projektinkubator noch zwei weitere: Unterstützt wird zum einen eine kleine Gruppe von Weberinnen, die seit 2014 im Nceduluntu Centre Mohair-Teppiche in allen möglichen Variationen herstellen und im ganzen Land verkaufen. Das Projekt wurde vor Kurzem für die nationale Auszeichnung „Female Entrepreneur in Agriculture Award“ nominiert. Seit Mai 2015 ist außerdem ein Nadel-Filz-Projekt im Nceduluntu Centre ansässig, das eine Gruppe von zwölf Frauen mit festen Einkommen versorgt. Das Geschäft dieser beiden Projekte läuft bereits so gut, dass die Projektteilnehmerinnen finanziell gar nicht mehr von Nceduluntu unterstützt werden müssen.

Weiterförderung soll Projektinkubator wieder in Schwung bringen

Im Gegensatz zum ersten Förderzeitraum von Mai 2017 bis Mai 2020, in denen der Lemonaid & ChariTea e.V. das Bienenzucht- und Gemüse-Setzlingsprojekt getragen hat, sieht die Weiterförderung vor, dass Nceduluntu als Institution selbst sowie alle vier Teilprojekte unterstützt werden. Dies ist eine Reaktion auf das Auslaufen der Finanzierung des Gründerstifters des Nceduluntu Projektinkubators, der zuvor alle laufenden organisatorischen Kosten übernommen hatte. Dies hat zu einer Finanzierungskrise geführt, die durch den Lockdown in Folge der Corona-Pandemie noch verschärft wurde. Auch die beiden bisher finanzierten Projekte konnten aufgrund der langanhaltenden Dürre noch nicht die Schwelle zu selbsttragenden Projekten erreichen und ein ausreichendes Einkommen für alle Mitglieder generieren. Das Ziel der Weiterförderung ist es also, dem Nceduluntu Wesley Community Project weiterhin zu ermöglichen, ihre einkommens­schaffenden Teilprojekte strukturell und finanziell zu unterstützen, damit diese unabhängig von der Dachorganisation autonom und handlungsfähig werden. Dazu ist nach wie vor ein intensives Schulungs- und Betreuungsprogramm der Projekte seitens des Inkubators notwendig. Es geht darum sicherzustellen, dass die Projektteilnehmenden die Finanzen, die Beschaffung, das Marketing und die Logistik ihrer Projekte selbstständig und effizient verwalten können. Für die Zukunft plant Nceduluntu, ihr Fundraising zu diversifizieren. Der Absprung des Gründungsspenders hat gezeigt, wie wichtig es auch für zivile Organisationen in Krisenzeiten ist, ihre Einnahmen breiter aufzustellen. Dies ermöglicht einerseits, zusätzliches Personal einzustellen und umfangreichere Trainingsangebote anbieten zu können, und andererseits, sich resistenter gegenüber Krisen aufzustellen.

Starke Partnerschaften sind wichtig und der Nceduluntu Projektinkubator ist in seiner Funktion für die Region des ehemaligen Homelands Ciskei einzigartig. Wir freuen uns, Nceduluntu für weitere drei Jahre unterstützen zu können. Gerade in diesen von Krisen geprägten, unsicheren Zeiten ist es wichtig, dass das Nceduluntu Centre den Projetteilnehmenden weiterhin eine Einkommensperspektive bieten kann und damit die sozioökonomische Entwicklung der Region auf lange Sicht fördert.

Projektteilnehmende aus Wesley © Noxolo Nelana 2018