Die Zivilorganisation „Tijiohtli“ ist in der mexikanischen Bergregion Sierra Norte de Puebla tätig. Dort verwaltet sie eine Schule, deren Bildungsangebot darauf abzielt, die Potentiale von indigenen Jugendlichen als proaktive Mitglieder in ihren Gemeinden zu stärken. Insgesamt werden 32 Schüler*innen in ihren unternehmerischen und landwirtschaftlichen Fähigkeiten geschult und eine nachhaltige Lebensweise wird gefördert. Seit April 2018 erhält die Organisation bei der Durchführung ihres Projektes finanzielle Unterstützung durch den Lemonaid & ChariTea e.V.


Tijiohtli gründete sich 2001 und ist im Südosten Mexikos in der Gemeinde Cuetzalan del Progreso im Bundesstaat Puebla aktiv. In dieser Region leben viele Menschen, die zur Bevölkerungsgruppe der Nahua gehören. Mit etwa 2 Millionen Mitgliedern stellen die Nahua die größte Gruppe der insgesamt 10 Millionen indigenen Menschen dar, die am Rande der mexikanischen Gesellschaft leben. In der Bergregion von Puebla leben viele der Nahua in schwer zugänglichen Dörfern. Dort erwirtschaften sie sich ihren Lebensunterhalt durch den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Mais oder durch das Halten von Vieh.

Die Organisation Tijiohtli hat es sich zum Ziel gemacht junge Menschen aus der Region im Umgang mit den aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten zu unterstützen. Dies setzt sie um, indem sie ihnen durch berufliche Schulbildung technologische und kommunikative Instrumente an die Hand gibt. Tijiohtli stellt dabei den ländlichen und kulturellen Kontext in den Mittelpunkt. Dadurch werden junge Menschen dazu ermutigt, eine Bindung zu ihren indigenen Herkunftsgemeinschaften aufzubauen und zu erhalten.

Angepasste Bildungsangebote erweitern die Zukunftsperspektiven der indigenen Jugendlichen

Obwohl es in der Region eine Vielzahl an Schulen gibt, sind diese meist schlecht ausgestattet und es mangelt an Lehrkräften. Die besseren Schulen in der Stadt sind für die ländliche Bevölkerung aufgrund der schwachen Infrastruktur und den damit verbundenen hohen Transport- und Verpflegungskosten kaum zugänglich. Um dieser Problematik zu begegnen verwaltet Tijiohtli seit 2014 die Schule BTNC (Bachillerato Tecnológico Náhuatl Cuauhtlatoatzin) in San Andrés Tzicuilan. Die Schule orientiert sich an einem Bildungsmodell, welches speziell für die Bildung in ländlichen Gebieten und indigenen Gemeinschaften entwickelt wurde. Derzeit haben 32 Schüler*innen im Alter von 15 bis 20 Jahren die Möglichkeit dort zu studieren. Mit einem innovativen Online-Bildungsprogramm, das von der „University of Technology of Monterrey“ verwaltet wird, absolvieren die Schüler*innen ihren High-School-Abschluss über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren, je nach Bildungsniveau und Geschwindigkeit. Die Schule richtet sich an den Bedürfnissen der Schüler*innen aus und bietet darüber hinaus, als einzige Schule in der Region, ein Wocheninternat an. Somit können die langen Anfahrtswege unter der Woche vermieden werden.

Das ganzheitliche Konzept der Schule hat direkten Einfluss auf die psychosoziale und emotionale Entwicklung der Schüler*innen und bindet die Nahua-Kultur bewusst in den Unterricht mit ein. Ziel ist es, den Jugendlichen die in der Region vorhandenen kulturellen, natürlichen und personellen Ressourcen näher zu bringen und ihnen berufliche Perspektiven in ihrer Heimatregion aufzuzeigen. Darüber hinaus wird ein Verantwortungsbewusstsein für die ländliche Entwicklung ihrer Gemeinden vermittelt.

Schüler*innen im Klassenzimmer der BTNC-Schule © Hanna Brüning

Kombination aus theoretischer und praktischer Erfahrung führt ans Ziel

Während ihres Aufenthalts an der BTNC-Schule lernen die Schüler*innen nicht nur theoretische Inhalte, sondern auch praktische Fertigkeiten. So nehmen die Schüler*innen bereits während der Ausbildung an einer Produktkooperation und/oder an Kinderbetreuungsaktivitäten teil. Die Produktkooperation soll es den Schüler*innen ermöglichen, Produkte zu entwerfen, herzustellen und zu verkaufen, die für den lokalen Tourismus von Interesse sein können. Einige der Produkte werden von den Familien der Schüler*innen hergestellt, andere von ihnen selbst. Derzeit verkauft die Kooperative lokalen Obstwein, Pfeffer, Zimt und handgemachte Notizbücher. Die Betreuungsaktivitäten werden manchmal in Zusammenarbeit mit lokalen Kindergartenschulen durchgeführt und manchmal werden Kinder aus der Gemeinschaft zur Teilnahme eingeladen. Die Schüler*innen lernen grundlegende Erziehungstipps und wie man wichtige Meilensteine des Wachstums erkennt. Diese lehren sie auch den Eltern aus der Gemeinschaft.

Darüber hinaus werden außerschulische Aktivitäten wie Mentoring-Programme, Vorträge und Gruppenaktivitäten durchgeführt. Ein Projekt zur Nachhaltigkeit von Lebensmitteln erklärt den Schüler*innen, wie die natürlichen Ressourcen, die sie umgeben, genutzt und geschützt werden. Auf diese Weise erwerben die Schüler*innen praktisches Wissen über Anbaumethoden und spezifisches Wissen über die Landwirtschaft. Die in den landwirtschaftlichen Kursen angebauten Produkte werden in der Küche des Internats verzehrt. Die Überschüsse werden auf lokalen Märkten verkauft.

Ab dem dritten Studienjahr haben die indigenen Jugendlichen sogar die Möglichkeit, an Entwicklungsprojekten anderer NGOs in der Region teilzunehmen. Hier unterstützen sie verschiedene Organisationen, je nach persönlichem Interesse. Die Organisationen setzten sich zum Beispiel für Geschlechtergleichheit oder die Kultivierung von indigenen Maissorten ein.

Die indigenen Jugendlichen arbeiten im schuleigenen Garten
Gartenarbeiten der BTNC Schüler*innen © Hanna Brüning

Die finanzielle Förderung des Lemonaid & ChariTea e.V. fließt hauptsächlich in die institutionellen Mittel der Schule. Diese umfassen die Finanzierung der Gehälter für das Personal und die Fachlehrer*innen. Ebenso die Kosten für die Werkstätten, den Unterricht, die Landwirtschaft und die Unterhaltskosten für das Wocheninternat.

Die Vision des Projekts ist es, die Integrierung der indigenen Bevölkerung in die mexikanische Gesellschaft zu unterstützen und die persönliche Entwicklung der indigenen Jugendlichen zu begleiten. Damit wachsen diese als proaktive Mitglieder in ihren Gemeinden heran können und aktiv am Wohlergehen ihrer Gemeinschaften mitwirken. Tijiohtli trägt dieser Vision Rechnung, indem sie eine Schule mit innovativem Lehrmodell und kulturspezifischen Unterricht anbietet.