Seit November dieses Jahres fördert der Lemonaid & ChariTea e.V. ein drittes Projekt in Indien. Im Norden des Landes im Staat Bihar ist die Organisation GENVP schon seit den 80er Jahren aktiv. GENVP steht für Gramin Evam Nagar Vikas Parishad. Von Hindi in die deutsche Sprache übersetzt heißt das: Rat für städtische und ländliche Entwicklung.


Mahatma Gandhi und Loknayak Jai Prakash Narayan sind Leitfiguren für die Organisation. Sie vertraten Zeit ihres Lebens die Sichtweise, dass Entwicklung nur stattfinden kann, wenn Menschen ihre eigene Entwicklung selbst in die Hand nehmen. Für GENVP liegt der Fokus besonders auf stark benachteiligten Randgruppen wie den Dalits. Sie werden vom Rest der Gesellschaft „Kastenlose“ genannt. Randgruppen wie diesen ermöglicht GENVP Zugang zu Bildung und Gesundheit, sowie Chancen zu einem geregelten Einkommen. GENVP sagt:

„Frauen, Kinder und Dalits sind die stärksten Repräsentant*innen von sozialem Wandel und durch sie können wir weite Kreise der Bevölkerung erreichen.“

Vernetzung unter den verschiedenen Organisationen verstärkt die Wirkung

Eigenverantwortung, Autonomie, Frieden, Gleichheit und Gerechtigkeit sind die Leitwerte von GENVP. Ihre Mission: Durch soziales Handeln nachhaltige Entwicklung ermöglichen, das Verständnis von Gleichheit in den Städten stärken, sowie in den ländlichen Raum bringen.

GENVP
Projektkoordinatorin Aileen (rechts) mit Mitarbeiterinnen von GENVP

GENVP begleitet seit 30 Jahren Projekte in Bihar. Das bedeutet nicht nur, dass sie Erfahrung für das Land, die Umstände und Gegebenheiten aus dem zivilgesellschaftlichen Sektor mitbringen, sondern auch stark vernetzt sind. Allein in den letzten drei Jahren hat GENVP 17 verschiedene Projekte begleitet oder selbst durchgeführt. Sie sind Mitglied in 17 weiteren Netzwerken. Davon haben sie selbst sieben initiiert. Mit einem professionell aufgestellten Team aus sieben dauerhaft Angestellten, können sie durch das Netzwerk trotz dünn besiedelter Belegschaft viele Projekte gestalten. Fördergelder, die die NGO akquiriert fließen also zu einem überdurchschnittlich großen Teil direkt in die spezifischen Projekte und deren Umsetzung.

Mit Kerzen in ein unabhängiges Leben

Der Verein unterstützt GENVP in dem Projekt „Lighting Lives“; zu Deutsch: „Leben erleuchten“. Bei diesem Projekt geht es insbesondere um die Unterstützung und Rehabilitation von Bettlerinnen in Bihar. Diese prägen unterschiedliche Geschichten. Aus religiösen und gesellschaftlichen Gründen wurden sie aus ihren Gemeinden verstoßen. Ohne Arbeit, und vor allem als Frauen in der Stadt, ist ihre Situation kritisch. GENVP hat es sich schon seit einigen Jahren zur Aufgabe gemacht ihnen eine Behausung zu ermöglichen. In nächster Instanz sollen sie wieder in ein sicheres Leben zurückkehren. Dabei hilft ihnen „Lighting Lives“ und mit dem Projekt ein einfaches Gut: Kerzen.

Kerzen werden in Indien in fast jeder Lebenslage benötigt. Nicht zwangsläufig aus Mangel an Elektrizität. Indien ist mit der stark hinduistisch geprägten Kultur ein Land der Feste und Feiern. Zu vielen religiösen Anlässen werden hier Kerzen angezündet. Allen voran das Festival der Lichter: Deepawali. Der Bedarf an Kerzen unterliegt natürlicherweise saisonalen Schwankungen. Am Festival der Lichter jedoch, kann es beinahe nicht genug sein. Kerzen werden immer benötigt, die Nachfrage ist hoch, berichtet GENVP.

Regionale Produktion – ein entscheidender Vorteil

Im weitläufigen Indien mit schwacher Infrastruktur, ist die regionale Produktion ein entscheidender Vorteil. Außerhalb der Stadt gibt es ein paar kleine Produktionsstätten. Diese gehören meist zur sogenannten „cottage-based-industry“. Das ist die kleine Produktion von zuhause aus. Gerade eine hohe Nachfrage kann somit nicht gedeckt werden. Daraus resultieren jedoch für das Projekt zwei Vorteile: Erstens, gibt es keine großen industriellen Konkurrenten. Auch das Projekt von GENVP kann cottage-based produzieren. Zweitens, das Projekt kann sich leicht vervielfältigen. Die Arbeit und Reintegration von Bettlerinnen, besonders aus der Bevölkerung der Dalit, ist ein Pionierprojekt. GENVPs Intention ist es, dass landesweit auch andere NGOs diese Idee übernehmen und umsetzen, sodass es den Ärmsten der Ärmsten eine Perspektive gibt. Weiterhin soll es Arbeit schaffen und Gemeinschaften beleben. So können die Ideen des Rat für städtische und ländliche Entwicklung in andere indische Staaten getragen werden.

Kerzen
Die Frauen schneiden den Docht der fertigen Kerzen

Zu der Projektidee startete GENVP im Vorhinein ein Pilotprojekt, bei dem 32 Frauen aus einem der Heime für Bettlerinnen – „Shanti Kutir“ – bereits einen Kurs zur Herstellung von Kerzen und Marketing besuchten. In den nächsten drei Jahren in denen das Projekt vom Lemonaid & ChariTea e.V. gefördert wird, sollen 125 Kerzengieß-Stationen entstehen. An jeder Station können vier Frauen arbeiten. Mit Kordeln, Wachs, Paraffin und den Formen ausgestattet, gießen sie Kerzen. Umgerechnet verdienen sie dabei ca. 120 Euro (knapp 10.000 indische Rupien). Die Organisation übernimmt zusätzlich Lagerung und Vertrieb der Kerzen. Nach zwei Jahren soll sich das Projekt durch den Verkauf der Kerzen bereits selbst tragen können.

Vom täglichen Zugang zu Nahrung bis hin zur Schulbildung

Auf die Frage hin was sie, mit einem geregelten Gehalt, tun würden waren die Antworten unter den Frauen einheitlich: Kleidung kaufen, Essen und ein Dach über dem Kopf. Was sie mit dem Einkommen tun würden, wenn es sie dauerhaft trägt? Alle der Frauen sind sich einig. Sie möchten ihren Kindern Schulbildung ermöglichen.

Die Frauen lernen in einer einmonatigen Weiterbildung ein Handwerk, welches sie dazu befähigt eigenständig Geld zu verdienen. Sie haben die Chance sich in ihrer Gemeinde zu reintegrieren und sich zu beteiligen, ohne ihrer Familie oder angeheirateten Verwandten auf der Tasche zu liegen. So können sie sich Ansehen verschaffen, ihren Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen und nachhaltige Entwicklung in den weiterführenden Generationen vorantreiben, sowie ihre eigene Existenz sichern. Der Lemonaid & ChariTea e.V. ist die einzige Fördergrundlage des Projektes. Der Verein bietet deswegen Unterstützung für die Weiterbildungen, Gehälter der Angestellten von GENVP, Material und Lagerung.

GENVP, übersetzt Rat für städtische und ländliche Entwicklung, unterstützt Gemeinden bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Die NGO fördert nachhaltige Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie schaffen ein Projekt welches einfach durchzuführen und ebenso zu replizieren ist, um Menschen, die in Armut leben, eine faire Chance auf ein eigenständiges Leben zu geben.