Jedes Jahr im Winter gehen wir auf Reisen – zu den Sozialprojekten des Lemonaid & ChariTea e.V. und zu den Menschen, die die Rohwaren der Lemonaid Beverages GmbH anbauen. Im Winter 2016 packten wir unsere Rucksäcke und machten uns auf nach Paraguay. Unser Reisemotto: „Oh, wie schön ist Paraguay!?“ Denn während unserer Reisevorbereitungen merkten wir, wie wenig über dieses Land berichtet wird und wie wenig wir wirklich selbst wussten.

 

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Die ersten Schritte in diesem Land führten uns zu Fuß durch die Hauptstadt Asuncion. Mit ihren rund 1 Million Einwohnern ist sie das alles beherrschende Zentrum in diesem Land mit den insgesamt 6 Millionen Einwohnern und der Größe Deutschlands.

Trotz der offensichtlichen, wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Landeshauptstadt, war die Stadt ein wundervoller und interessanter Start unserer Projektreise.

 

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Im August diesen Jahres, nur einen Monat vor unseren Ankunft, fand zum ersten Mal das Latidoamericano Festival in Paraguay statt. Mehr als 40 lokale und internationale Künstler nahmen an diesem Festival teil und bemalten großflächige Häuserwände in der Altstadt. Die Malereien tragen oftmals politische und soziale Komponenten in sich  – außerdem bewirken sie einen starken Kontrast zu den halb verlassenen Altbauhäusern in einer recht zentralen Gegend der Hauptstadt.

 

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Unser Freund Rodrigo qualifizierte sich von Tag 1 der Reise als einzigartiger Stadtführer und Verbinder der Kulturen. Nicht nur er, sondern auch seine ganze Familie, bewiesen uns eine großherzige und offene Gastfreundschaft und machten unser Ankommen in einer anderen Zeitzone und in einem anderen Klima um einiges angenehmer.

Oben im Bild Rodrigo (links) mit einem Paraguayo auf dem Plaza Uruguay, in der Nähe des ehemaligen Präsidentenpalastes in Asunción. Auf seinem Arm ein Zeichen und Tattoo der Guaraní. Dieser indigene Teil der Bevölkerung von Paraguay erhält laut Verfassung Schutz und Autonomie. In der Wirklichkeit jedoch leben sie oftmals in abgelegen Gebieten, welche durch die fortschreitende, oft illegale Waldrodung immer mehr eingeschränkt wird.

 

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Wir entdecken in dieser Stadt viele Gegensätze und versuchen den Lebenskontext der Menschen zu verstehen. Oben im Bild, zum Beispiel, blicken wir auf die Flussufer des Río Paraguay, an welchen die Hauptstadt angrenzt. Dieses Gebiet wird in unregelmäßigen Abständen überflutet und die Bewohner müssen ihre Behausungen für mehrere Monate verlassen. Wie zuletzt in einer der verheerendsten Überschwemmungen im Jahr 2013, als Paraguay aus diesem Grund den Ausnahmezustand erklären musste.

 

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Auch wir spürten die immensen Auswirkungen in einer Stadt ohne ausreichender Kanalisation und Wasserabfluss: Nach einer apokalyptisch-stürmischen Nacht mit Sintflutartigen Regengüssen und Stromausfällen, fuhren wir durch Straßen, die eher Flüssen ähnelten.

Unser Ziel: der durch den Lemonaid & ChariTea e.V. unterstützte Kinderhort „Ñande Rekoha“ (Unser Raum).

 

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Der Zufluchts- und Lernort für die Kinder der Markthändler und -arbeiter ist eines der allerersten Projekte des Vereins. Von Anbeginn unsere Ansprechpartnerin: die warmherzige Koordinatorin Elisabeth Gavilán.

Ihr Projekt hat seinen Platz im Herzen von Abasto, dem zentralen Großmarkt für Obst und Gemüse in einer ehemaligen Bananenhalle. Ein chaotischer und höchst faszinierender Ort voller unterschiedlicher Farben, Gerüche und Geräusche.

 

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Inmitten des Trubels, in dem Kinderarbeit immer noch Alltag ist, finden Kinder und Teenager zwischen 3 und 17 Jahren einen geschützten Raum. Für Bildung, medizinische Betreuung und – nicht zuletzt – menschliche Zuwendung, Spiel und Spaß.

 

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Wir genießen das gemeinsame Essen mit der Leiterin des Horts Daily Domíngez und den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie bilden ein engagiertes Team aus Erziehern und Sozialarbeitern und begeistern uns mit ihrer Leidenschaft und Wertschätzung ihrer Arbeit gegenüber.

Die Förderung der schulischen Entwicklung hat einen hohen Stellenwert – deswegen gibt es im Hort auch Nachhilfe und gemeinsame Hausaufgabenkontrolle.

 

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Als weiterer Stop an diesem Tag durften wir einen Kämpfer für die Armen kennen lernen: Der so genannte Armenpriester Padre Oliva setzt sich Zeit seines Lebens für die mittellosen Bewohner in den Bañados des Sur, den südlichen Überschwemmungsgebieten am Fluss, ein.

Als wir durch die Bañados fahren, fällt uns zu allererst eine riesige Müllhalde auf. Man erzählt uns, dass hier viele Anwohner als Recycler und Mülltrenner arbeiten – oftmals auch schon die Kleinen.

 

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Der Jesuitenpriester leistet unterschiedlichste Arbeit: Von Unterrichtsstunden in einer Schule, der Gründung eines Jugendparlaments bis hin zu rechtlicher Beihilfe bei unrechtmäßigem Vorgehen der Polizei gegen die Bewohner der Bañados.

Der Besuch spiegelt uns einen Teil der Statistik über das Land wider: Rund 18% der Bevölkerung lebt in extremer Armut in Paraguay.

 

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„Lass deine Träume größer als deine Ängste sein!“

Die Schule in der Pater Olive unterrichtet ist voller Sprüche und Ermutigungen für die Kinder.

 

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Bevor wir am nächsten Tag aus der Stadt fuhren, erhielten wir die Möglichkeit ein Interview mit Fernando Lugo (Dritter v.l.) zu führen.

Bis zum Jahr 1989 wurde Paraguay von Stroessner und seiner Militärdiktatur unterdrückt. Lugo schloss sich der damaligen Protestbewegung gegen die Diktatur an und war von 2008 bis 2012 Staatspräsident des Landes. Damit war er der erste Präsident, der demokratische Strukturen in das Staatswesen brachte, eine Bildungsreform einführte und eine Landreform in den Gang setzte.

 

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Leider bleibt jedoch bis heute die ungerechte Landverteilung eine der größten Herausforderungen in Paraguay. Immer noch gehören 66% der landwirtschaftlichen Flächen rund 10% der Bevölkerung – hauptsächlich wird Soja und Rindfleisch in Monokulturen angebaut und gezüchtet.

Oben im Foto erkennt man ein Stück rechteckiges Land, in welchem der Farmer sein eigenes Grundstück gegen die „Glyphosat-Bomber“ versucht mit einer großen Mauer aus Bäumen zu beschützen. Außen herum wird Soja angebaut.

 

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Solidarische Kleinbauerkooperativen ermöglichen sich durch den Fairen Handel eine zukunftsfähige Alternative – sowohl für die Menschen, als auch für die Natur.

Auf einem Pick-up fuhren wir nach Guarambaré, der Heimat des biologisch angebauten Fairtrade-Rohrzuckers, welchen der Hauptsponsor des Vereins, die Lemonaid Beverages GmbH, für ihre Getränke verwendet.

 

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Die Kleinbauern der Kooperative ASOCAZE betreiben dort seit mehr als 15 Jahren ökologischen Landbau. Ihre hochwertigen Rohwaren verkaufen sie strikt nach den Prinzipien des Fairen Handels, was ihren Familien ein gutes Einkommen ermöglicht. Keine Selbstverständlichkeit in der unter sozialer Ungleichheit und Korruption leidenden Region.

Während der Erntezeit von Mai bis November wird die natürliche Süße geerntet – auf traditionelle Art und Weise – per Hand, mit der Machete.

 

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Das frisch geschnittene Zuckerrohr wird gebündelte und per Kran auf den Truck der Kleinbauern gehievt. Jetzt geht es in die Mühle „La Felsina“, wo die natürliche Süße gewonnen wird.

Es war schön für uns zu sehen, dass es auch in Paraguay Alternativen zur dort dominierenden Ausbeutung und Umweltzerstörung gibt.

 

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Der nächste Stop unserer Reise führte uns in die Kolonie Regina Marecos in Juan de  Mena. In den 90er Jahren gründeten hier eine Gemeinschaft von 500 Bauernfamilien ihre eigene Kolonie, um für ihr Recht auf eigenes Land gemeinsam zu kämpfen.

 

Vor allem die Frauen spielten in diesem Kampf eine tragende Rolle, weshalb die Kolonie heute auch den Namen einer im Kampf um Land getöteten compañera Regina trägt.

 

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Bis heute ist die Region geprägt durch eine schwache Infrastruktur, kaum Bildungsmöglichkeiten und einer minimalen Gesundheitsversorgung.

Der Lemonaid & ChariTea e.V. unterstützt hier die ökologische Landwirtschaftsschule „Escuela Agroecoloógica“ seit 2014.

 

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Hier werden rund 80 Schüler zu Fachleuten in der ökologischen Produktionsweise ausgebildet und können mit einem „Landwirtschaftlich-technischen Abitur“ ihre Schule beenden.

Die Schulbildung bietet eine Alternative, um ihre soziale und wirtschaftliche Situation in ihren ländlichen Gemeinschaften zu verbessern und um zu selbstbewussten und selbstständigen Landwirten zu heran zu wachsen.

 

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Der dort aufgewachsene Senator Sixto Pereira (oben links im Bild) berichtet uns von der Vorstellung ihres Modells: Anstatt für die großen Agroexportunternehmen arbeiten zu wollen, geht es der Gemeinschaft vor allem um eine Selbstversorgung der Familien, einer Diversifizierung ihrer landwirtschaftlichen Produkte und einer Einbeziehung des lokalen Marktes für die Gemeinschaft.

 

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Zurück in der Hauptstadt durften wir eine weitere Person der Zivilgesellschaft in Paraguay kennen lernen:

Dr. Martin Almada, Jurist, Lehrer und Träger des alternativen Nobelpreises für seinen Kampf um Menschenrechte.

Wir folgten seiner Einladung in sein Haus und er erzählte uns von seiner Entdeckung des „Archivs des Terrors“, welches einer der wichtigsten Dokumente des Staatsterrors enthielten.

 

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Unsere Tage in Paraguay waren gefüllt mit den unterschiedlichsten Begegnungen und Eindrücken.

Hier eine letzte Anekdote: Egal wo man ist und wen man trifft, alle trinken ihre Yerba Mate Tee. Ob heiß oder kalt , jung oder alt, mit frischen Kräutern oder Saft gemischt – die Tradition wird bis heute gelebt und hat irgendwann auch unsere Reisegruppe angesteckt…

 

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