Seit Ende letzten Jahres ist es amtlich: Paraguay hat das vormalige Schlusslicht Bolivien überholt. Damit ist Paraguay auf dem traurigen letzten Platz einer Statistik – es ist das ärmste Land Lateinamerikas.

 

Das kleine südamerikanische Binnenland hat mit vielen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen zu kämpfen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der internationalen Armutsgrenze, ein Viertel gar in absoluter Armut. Die Besitztümer und der Reichtum sind so ungleich verteilt, wie kaum sonst wo auf der Erde. Rund 2 Prozent besitzen nach Schätzungen mehr als zwei Drittel der Gesamtanbaufläche des Landes. Um die Hauptstadt Asunción vergrößern sich die Armenviertel. Menschen versuchen in den Städten ihr Glück, doch finden sie es selten.

 

Dieser Entwicklung wollen wir Rechnung tragen und unser Engagement in diesem Teil der Welt vertiefen. Die Partner, die uns bei dieser Aufgabe zur Seite stehen werden kommen aus Kempen am Niederrhein. Die ProParaguay Initiative hilft seit nun mehr als 20 Jahren durch verschiedene Projekte den Menschen in Paraguay. In Zusammenarbeit mit der paraguayischen Nichtregierungsorganisation „Centro de Capacitación y Desarrolo Agrícola“(Ausbildungszentrum für ländliche Entwicklung) konnte 1995 eine Schule aufgebaut werden, in der zurzeit über 80 SchülerInnen das „Landwirtschaftlich-Technologische Abitur“ machen.

 

Sie liegt rund 130 Kilometer nördlich der paraguayischen Hauptstadt Asunción. Der Name der Schule: „Escuela Agroecológica ‚San Juan‘ de Reinga Marecos“. 1993 gelang es rund 500 Bauernfamilien nach jahrelangem Kampf ein Stück eigenes Land zu besiedeln und seitdem ökologische Landwirtschaft zu betreiben. An diesem Punkt wollen wir anknüpfen und helfen das Fortbestehen der Schule zu sichern.

 

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Die Schule entstand aus dem Wunsch heraus, Alternativen zum herkömmlichen Agroexport zu finden. Die Familien sollen befähigt werden, selbstorganisiert für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Die Förderung kleinbäuerlicher Strukturen ist besonders in Paraguay eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Die Überbleibsel der Stroessner-Diktatur prägen noch immer die Machtstrukturen des Landes, dessen Haupteinnahmequelle in der Landwirtschaft besteht. Großgrundbesitzer bauen in riesigen Monokulturen Soja an und beschäftigen landlose Saisonarbeiter zu Hungerlöhnen. Der Großteil der Soja wird exportiert. Paraguay baut mittlerweile auf über 60% der landwirtschaftlichen Nutzfläche Soja an. Tendenz steigend. Trotz des großen Potenzials genug Nahrung für die Bevölkerung zu produzieren, leiden viele der Menschen Hunger. Zudem hat die Ausweitung des Soja-Anbaus bislang rund 900.000 landlose Kleinbauern in die Vororte der Hauptstadt Asunciòn getrieben. Neben den Auswirkungen des Anbaus von genmanipulierten Soja auf die biologische Vielfalt, gefährden diese Entwicklungen letztendlich die gesamte Kultur und das soziale Geflecht des Landes.

 

Der Aufbau der ökologischen Landwirtschaftsschule „San Juan“ ist somit nicht nur eine Einrichtung der Ausbildung, sondern ebenso ein Ort der Bewahrung ihrer Kultur. Sie trägt dazu bei, die Traditionen der Kleinbauern zu bewahren und das soziale und kulturelle Leben der kleinen Gemeinde zu stärken. Neben einer Grundausbildung werden den Jugendlichen praxisnahe Themen vermittelt. Landwirtschaft, Gemüse & Früchte, Saatbeete & Züchtung, Tierhaltung, Unterhalt und Pflege stehen auf dem Stundenplan. Neuerlerntes Wissen kann sofort in die Praxis umgesetzt werden: Im Schulgarten legen die Jugendlichen ihre eigenen Beete an, die sie hegen und pflegen müssen. Ebenso ist der Aufbau einer kleinen Ziegen- und Rinderfarm geplant. Neben dem Nutzen für den Unterricht können diese vor allem eines sein: die Rückgewinnung ihrer Ernährungssouveränität.

 

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Die mit den Jahren gewonnene Erfahrung zeigt Erfolge: Mittlerweile arbeiten einige AbsolventInnen fest als Lehrkraft in der Schule. Ein anderer Absolvent ist mittlerweile Leiter der Kooperative. Doch die erzielten Erfolge werden immer wieder betrübt. Das Schulkonzept ist den konservativen politischen Eliten zu progressiv. Immer wieder werden der Schule Steine in den Weg gelegt. Versprochene Straßen wurden nicht gebaut und immer wieder werden die staatlichen Zuschüsse für die Lehrergehälter nicht gezahlt. Doch davon ließen sie sich nicht unterkriegen. Mittlerweile konnte mit Hilfe der PPI eine Verarbeitungsanlage für organischen Zucker aufgebaut werden. Die Erzeugnisse der gesamten Produktion kommen zuerst der Schule und den Schülern zu Gute. Mit dem Verkauf der Überproduktion, die mit der Zeit stetig gesteigert werden konnte, werden die Finanzen der Schule zusätzlich gestärkt und somit das Bestehen gesichert.

 

Dennoch reichen die Einkünfte bei weitem nicht, um die laufenden Kosten der Schule zu decken. Besonders die unregelmäßig gezahlten Lehrergehälter sind immer wieder ein Problem. Erneute Kürzungen im Bildungssektor, sowie absichtlich zurückgehaltene Zuschüsse seitens der Behörden, stellen den Schulbetrieb immer wieder auf die Probe. Oft musste in diesen Zeiten Geld gesammelt werden, damit die Lehrenden den Weg zur Schule zahlen konnten. Der Lemonaid & ChariTea e.V. setzt an diesem Punkt an, um eine gewisse Sicherheit für die Lehrkräfte herzustellen. Nach ausgiebigen Gesprächen mit der PPI, der CCDA und den Menschen vor Ort stehen nun die Eckpfeiler der kommenden Zusammenarbeit fest. Dabei unterstützen wir die Schule jährlich mit 20.000€ und helfen neben Infrastrukturmaßnahmen dabei, die Gehälter der Lehrkräfte zu bezahlen, um die Zukunft dieses Projektes zu sichern.

 

Die Aufrechterhaltung des Schulbetriebes eröffnet den Menschen der kleinen Gemeinde Alternativen, um ihre wirtschaftliche und soziale Situation in ihren ländlichen Gemeinschaften zu verbessern.

 

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