Wir unterstützen seit Juni 2017 das Programm der gemeinnützigen Organisation „Jyothi Seva Kendra Trust“ zur Stärkung von Frauen im südlichen Indien. Das Projekt begleitet die Frauen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmteres Leben und möchte damit einen Beitrag zu einer gendergerechten Gesellschaft liefern. Diesem erklärten Ziel will die Organisation durch den Aufbau eines ganzheitlichen Förderprogrammes mit Ausbildung und Finanzierungsmöglichkeiten Rechnung tragen.


Der Ursprung des Projektes findet sich in der südindischen Stadt Chittapur im ländlichen Karnataka. In dieser Region hat sich der der Trust 1972 formiert um dem Thema der Armut und den damit verbundenen Problemen und Ursachen wie Arbeitslosigkeit, Unterernährung und Analphabetismus zu begegnen. Klarer Fokus ist dabei die Emanzipation von Frauen voranzutreiben. Die Lebensbedingungen in der Region sind stark vom Monsun beeinträchtigt. Ausbleibende und schwache Regenfälle haben, in Karnataka, in den letzten Jahren immer wieder zu schweren Dürren geführt. Die daraus resultierenden prekären Arbeits- und Ernährungsverhältnisse haben Familien bzw. einzelne Familienmitglieder dazu bewegt, zu mindestens zeitweise, in größere Städte zu migrieren. Mit der Gründung des „Gangi Kendra“ Zentrums, durch den Jyothi Seva Kendra Trust, wurde ein Ort geschaffen, der den betroffenen Familien Zugang zu Bildung und sanitären Anlagen ermöglicht.

Vor sieben Jahren entstand die Idee, das Zentrum für die Eröffnung einer Nähwerkstatt zu nutzen und die sozioökonomische Position von benachteiligten Frauen in der Region weiter zu fördern. In Kooperation mit der Designerin Jeanine Glöyer entstand ein Konzept, dass den teilnehmenden Frauen durch eine dauerhafte Anstellung, faire Bezahlung und die Vermittlung von Ausbildungsmöglichkeiten den Weg in die Unabhängigkeit erleichtert. Zu Beginn lief jedoch nicht immer alles rund. Manchmal liefen Klamotten ein oder Stoffe färbten in der Wäsche aus. Inzwischen trägt sich die Schneiderei selber und die von der Organisation, in enger zusammen Arbeit mit dem nachhaltigen, deutsch-indischen Fashionlabel „Jyoti – Fair Works“, angebotene Ausbildung zur Schneiderin bietet Frauen ein gesichertes Einkommen. Als gemeinnütziges Unternehmen vertreibt Jyoti – Fair Works die Endprodukte in Deutschland. 100 Prozent der Gewinne fließen zurück in die Nähwerkstatt. Von diesen werden weitere Fortbildungsmaßnahmen und Gesundheitschecks sowie Kleinstkredite für Gesundheit und Bildung finanziert.

Näherin beim abmessen des Stoffes
Bei der Arbeit.

Ein regelmäßiges Einkommen stärkt die Position der Frauen in der Familie

In Chittapur beginnt der Arbeitstag der Frauen um zehn und endet um fünf Uhr. Dieses ermöglicht ihnen ihre Kinder zur Schule zu bringen und abzuholen, sodass ihre Arbeit nicht mit familiären Verpflichtungen kollidiert. Der Zusammenhalt und Austausch zwischen den Frauen ist groß und das gemeinsame Projekt scheint ihnen Kraft zu geben, obwohl sie unterschiedliche religiöse Hintergründe haben. (Die Gruppe setzt sich zusammen aus sieben Musliminnen, einer Christin und drei Hindus). Die Komposition der Gruppe spiegelt die Heterogenität der Gemeinde weitestgehend wieder.

Ihr finanzieller Beitrag zum Familienhaushalt, stärkt auch ihre Position innerhalb der Familie. Die Frauen können ihren Ehemännern selbstbewusster in wichtigen Entscheidungsfragen entgegentreten. Halima, eine der Teilnehmerin musste zu sehen wie ihre erste Tochter im Alter von fünfzehn Jahren verheiratet wurde. Bei ihrer jüngeren Tochter konnte sie dies verhindern. Sie sagt:

“ Jetzt kann ich die Ausbildung meiner Tochter finanzieren und verstehen wie wichtig es für sie ist ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie soll erst Karriere machen, vielleicht als Bankmanagerin –  bevor sie heiratet.

Das Projekt legt jedoch Wert darauf, dass die Ehemänner den Mehrwert für die Frauen und Familien verstehen. Sie sind eingeladen an Workshops und Fortbildungen zu Themen wie Gesundheit, Frauenrechten, Mathe, Finanzwesen und Englisch, die regelmäßig von der Organisation angeboten werden, teilzunehmen.

Joythi bietet allen teilnehmenden Frauen ein zinsloses Darlehen an, dieses wird zusätzlich um 25 Prozent subventioniert, wenn es für Gesundheit oder Bildung aufgewendet wird. Um persönliche, finanzielle Engpässe zu vermeiden, können die Frauen den Kredit in selbstbestimmten Raten zurückzahlen. In der Vergangenheit wurde diese Möglichkeit von den Frauen wahrgenommen um zum Beispiel ihre alten, gesundheitsschädlichen Holzöfen durch modernere Herde zu ersetzen. Der Zugang zu Krediten soll die Frauen darüber hinaus ermutigen ihre eigenen Unternehmen zu starten und sich selbstständig zu machen.

Im Rahmen der Kooperation mit dem Lemonaid & ChariTea e.V. plant Jyothi in Chittapur ein zweites Nähzentrum zu eröffnen. Dafür muss die alte Halle renoviert und ausgestattet werden. Neben der Ausbildung zur Näherin soll jetzt auch eine Ausbildung zur Kosmetikerin angeboten werden. Langfristig soll dadurch die indische Organisation weniger abhängig von dem ihrem deutschen Partner sein.

Jyothi möchte das Leben der Frauen in Chittapur ein bisschen leichter, ein bisschen heller gestalten. So ist das Projekt auch zu seinem Namen gekommen. Jyothi ist ein indischer Mädchenname, der Licht der Sonne bedeutet. Wir wünschen diesem Projekt ganz viel Strahlkraft bei der Umsetzung ihrer ganzheitlichen Vision einer Textilindustrie, die nicht Profit, sondern Menschen und Umwelt in den Mittelpunkt stellt.

Straße in Chittapur mit vier Frauen
Fotos: © http://morgen.jetzt/