Der Lemonaid & ChariTea Verein unterstützt seit 2014 die Bildungseinrichtung „Instituto Intercultural Ñöñho“. Sophia Denz, die Mitarbeiterin der Lemonaid GmbH in Frankfurt, besuchte das Projekt in Mexiko während ihrem Trip durch Amerika im Februar 2015. Wir wollen euch ihre Erfahrungen nicht vorenthalten und bestücken ihre Eindrücke mit Hintergrundinformationen über Mexiko und dem aktuellen Stand der Dinge unseres Engagements vor Ort. 

 

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Zum Land. Mexiko ist eine traditionsreiche Kulturnation, geprägt von den präkolumbianischen Hochkulturen und dem kolonialspanischen Erbe. In dem Land leben insgesamt rund 120 Millionen Menschen. Davon die meisten in den Millionenstädten im Landesinneren – alleine 18% der Gesamtbevölkerung in Mexiko City. Dies spiegelt sich nicht nur in der wirtschaftlichen Zentrierung sondern auch in der Vermögensverteilung wider  –    z.B. fließen rund zwei Drittel der staatlichen Bildungsgelder in die Institute und Universitäten in der Hauptstadt.

 

Die im 20. Jahrhundert sehr dominante Partei „Partido Revolucionario Institucional“ ist seit 2012 wieder an der Macht. Seitdem häufen sich die Unruhen im Land. Man liest von Problemen der Pressefreiheit, die Drogenkartelle kämpfen gewaltvoll gegen den Staat oder gegeneinander und der Waffenschmuggel an der 3326 km langen Grenze mit den USA nimmt weiter zu. Immer wieder verschwinden Menschen – so auch die ermordeten  43 Studenten in Iguala im Jahr 2014. Laut dem mexikanischen Rat zur Evaluierung der sozialen Entwicklung lebten im Jahr 2012 rund 45,5% der Gesamtbevölkerung in Armut, darunter 9,8% in absoluter Armut. Betroffen sind vor allem Jugendliche unter 18 Jahren in ländlichen Gebieten mit schwacher Infrastruktur. Die Landwirtschaft trägt einen sehr geringen Teil zum Bruttoinlandsprodukt bei – jedoch baut immer noch ein großer Teil der Bevölkerung Nahrungsmittel für den Eigenbedarf an.

 

Die Amtssprache ist spanisch, darüber hinaus gibt es mehr als 62 indigene Sprachen – rund 10% der Bevölkerung sind indigene Völker. Einige indigene Sprachen werden nur noch von der älteren Bevölkerung gesprochen – aus diesem Grund hat das Institut für indigene Sprachen 2013 ein Aktionsprogramm ins Leben gerufen, um den Erhalt der kulturellen Vielfalt und damit vor allem der indigenen Sprachen zu stärken.

 

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Unser Projekt. Der Lemonaid & ChariTea e.V. unterstützt seit 2014 in dem mexikanischen Staat Querétaro das „Insituto Intercultural Ñöñho“ – in dieser Region „Municipio de Amealco de Bonfil“ sind rund 41,6% der Bevölkerung indigener Abstammung. Hauptsächlich arbeiten die Einheimischen in der Landwirtschaft, in der Viehzucht, in der Herstellung von Kunsthandwerk und in dem Abbau von Quadersteinen. Dieser Abbau stellt auf der einen Seite einen wichtigen wirtschaftlichen Nutzen für die Bevölkerung dar. Auf der anderen Seite ist er ein Faktor für die vermehrte Erosion und Abnutzung des Bodens.

 

In unserem letzten Bericht aus Mexiko von Oktober 2014 informierten wir euch über die Hintergründe und Zielsetzungen des Instituts. Hierbei geht es vor allem um die Vermittlung von Grundkenntnissen der Sozialwissenschaften und der solidarischen Betriebswirtschaft, um junge Menschen aus der größtenteils indigenen Bevölkerung zu befähigen, eigene sozial nachhaltige Kleinunternehmen zu gründen und so den Problemen vor Ort  (v.a. struktureller Arbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung) entgegen zu wirken.

 

Heute, fünf Jahre nach offizieller Erföffnung des Instituts, wirkt das Institut auf Sophia solide und entwickelt: „Die Ausstattung des Lehrgebäudes ist gut. Es gibt zwei große Lehrzimmer, sanitäre Anlagen, einen Ofen, eine Küche ist in Planung, eine Bibliothek, ein Lehrerzimmer, ein Verwaltungszimmer und ein Pausenraum mit Kaffeemaschine. Sie hatten kürzlich auch einen Ofen gebaut, womit die Studenten selbst kochen können. Außerdem pflegen Sie ein eigenes, kleines Orts-Museum. Hier werden Ausgrabungsfunde aus der Region und alles, was die Wurzeln der Ñöñhos dokumentiert, ausgestellt. Es gibt auch ein Fotoprojekt, bei dem die Kinder fotografiert haben und damit ihre Sicht auf ihre Welt widergespiegelt werden sollte.“

 

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Sophia wurde bei ihrem Besuch herzlich empfangen und konnte Mario Monroy, den Direktor und Alberto Gondínez Licea, seine rechte Hand und unser direkten Ansprechpartner vor Ort, kennen lernen. Sie beschreibt Mario als einen charismatischen Visionär, der sein ganzes Leben dem Aufbau des Instituts und den weiteren Kooperativen zu Stärkung der Region widmet. Es gibt auch einen längeren Austausch in der Bibliothek mit rund 15 der Studentinnen und Studenten, die alle zwischen 20 und 28 Jahren sind. Dabei erfährt sie, dass es auch eine Theatergruppe gibt, die sich mit sozialkritischen Themen auseinandersetzt. Ein Student erzählt ihr von seinem Traum nach dem Studium: Er will ein Kochbuch mit regionaltypischen Gerichten schreiben und ein eigenes Restaurant mit diesen Gerichten eröffnen. Die Idee finden wir super – irgendwie ähnlich wie einige Initiativen hier in Hamburg!

 

Die Ñöñhos sind eine ethische Minderheit, die zunehmend ihre Wurzeln und Verbundenheit mit ihrer eigenen Kultur verlieren. Dies zu verhindern und ihre Mitglieder zu ermutigen zu ihrer Herkunft zu stehen, bzw. diese mit Stolz zu zeigen und zu kultivieren, ist Aufgabe des Projekts. Mit dem Studium sollen die Studenten dazu ermutigt und befähigt werden zum Fortbestand und Wohlergehen der eigenen Gemeinschaft beizutragen, indem sie eigene Geschäftsmodelle entwickeln, die sozial und nachhaltig sind. Jedem Jugendlichen aus dem Dorf steht es frei, an dem Institut zu studieren. Mario Monroy geht auch zu den Familien in die Häuser, um Jugendliche dazu einzuladen und aufzufordern hier zu studieren. Es wird lediglich ein geringer Startbeitrag verlangt, wovon z.B. Bücher bezahlt werden.

 

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Nächste Schritte. Nach dem Bau des eigenen Ofens, will das Institut nun auch einen Garten zur Selbstversorgung hinter dem Lehrgebäude anlegen. Bisher wurde die Fläche als Bolzplatz verwendet. Der aktuelle Studiengang hat folgende Schwerpunkte:

  • Interkulturelle Bildung
  • Handwerkliche Praxis
  • Unternehmensführung und Management
  • Entrepreneurship in solidarischen Unternehmen und nachhaltige, gemeinschaftliche Entwicklung
  • Informatik und Technologie
  • Interdisziplinäre Betriebswirtschaft und Rechnungswesen

Aktuell studieren 22 junge Menschen an dem Institut. Ab August 2015 sind mehr als 30 Studierende angedacht. Dazu plant das Institut eine Erweiterung des Studienangebots. Bisher haben die Studenten und Studentinnen allgemeine Fächer, wie z.B.: Recht, Makro- und Mikroökonomie, Finanzmathematik, Statistik, Rechnungswesen, Entrepreneurship, Solidarische Ökonomie, Globalisierung und Wirtschaftspolitik, Controlling, Englisch. Dazu kommen speziellere Kurse wie z.B.: der Praxisanteil in handwerklichen Fertigkeiten, Erlernen der Sprache Ñöñho, lokale Entwicklung und Unternehmensführung, Konfliktbewältigung, Kooperationen und nachhaltige Entwicklung.

Das Institut führt zurzeit eine kollektive Analyse durch, die sich damit auseinandersetzt, wie das Angebot des Studiums erweitert werden soll. Es stehen drei unterschiedliche Optionen zur Diskussion: 1) Der Studieninhalt bleibt die ersten zwei Jahr für alle gleich und im letzten Jahr wählen die Studierenden eine Vertiefung. 2) Es könnten mehrere unterschiedliche Studiengänge angeboten werden. 3) Die Studiengänge könnten praxisorientierter aufgebaut werden und es könnten handwerkliche Vertiefungen, wie z.B.: Töpferarbeit oder Holzverarbeitung gewählt werden.

Wir werden euch mit den Entwicklungen an dem Institut in Mexiko auf dem Laufenden halten.

 

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