Im Jahr 2012 waren wir auf mehrwöchiger Projektreise in Mexiko. Es ging damals vor allem darum, die Bauern-Kooperative “Nekutli” zu treffen und sich mit deren Strukturen und den Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitglieder vertraut zu machen. Durch den Nekutli-Genossen Manuel Cruz lernten wir auch die Bildungseinrichtung “Instituto Intercultural Ñöñho” kennen – die wir seit kurzem aktiv unterstützen.


Zur Region.
Der Mexikanische Bundesstaat Querétaro liegt im Hochland im Herzen Mexikos und zählt rund 1,5 Millionen Einwohner. Die Menschen leben hauptsächlich von der Landwirtschaft, nur die Region um die Hauptstadt Santiago de Querétaro ist weitgehend industrialisiert. Ein langsam wachsender Wirtschaftszweig ist der Tourismus. In den ländlichen Regionen gibt es eine weiterhin große indigene Bevölkerungsgruppe, die überwiegend vom Mais-, Kaffee- und Bohnenanbau leben. Nur gut 60 Prozent der Bevölkerung hat nach der Grundschule eine weiterführende Schule besucht. Strom- und Wasseranschlüsse fehlen in den ländlichen Regionen weitestgehend.

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Das Institut und seine Zielsetzung.
Das Interkulturelle Institut Ñöñho wurde offiziell am 12. Oktober 2009, am „Tag des Multikulturalismus“, im mexikanischen Bundesstaat Querétaro eingeweiht und ist eine Non-Profit-Bildungseinrichtung. Ihr Ziel ist es, jungen Frauen aus der größtenteils indigenen Bevölkerung der Region Grundkenntnisse der Sozialwissenschaften und Betriebswirtschaftslehre zu vermitteln, um eigene sozial nachhaltige Kleinunternehmen gründen zu können und so den Problemen vor Ort (v.a. struktureller Arbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung) entgegen zu wirken. Die Anfänge des Instituts reichen zehn Jahre zurück, als man damals als kleine Kooperative begann, zur lokalen Entwicklung beizutragen. Mittlerweile ist die ehemalige Kooperative zu einer kleinen, aber professionellen Bildungseinrichtung gewachsen und vergleichbar mit einer Art lokaler Hochschule.

Bevor das Instituto seine Arbeit begann, wurde untersucht, welche strukturellen Impulse in der Region am dringendsten benötigt wurden. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Spezialisten, unter anderem von der renommierten “Universidad Iberoamericana”, wurde der Studiengang „Emprendimientos de Economia Solidaria“ (solidarische Unternehmensgründung) geschaffen.  Heute ist das Instituto eine wichtige Bildungseinrichtung für die Bevölkerung mit indigenem Hintergrund und die erste Einrichtung ganz Mexikos, die den Studiengang der sozialen Unternehmensgründung anbietet. Der Studiengang soll die junge Bevölkerung dazu befähigen, in ihren lokalen strukturschwachen Communities Unternehmen und Projekte zu gründen, die Arbeit schaffen und dabei soziale & ökologische Prinzipien verfolgen. Die Absolventinnen sollen dazu beitragen können, sich und den anderen Bewohnern der Region ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und die Entwicklung der Gemeinschaft und der kulturellen Vielfalt zu fördern. Eine der ersten Absolventinnen hat z.B.  erfolgreich eine Keramik-Kooperative gegründet.

Die große Herausforderung dieses Projekts ist es, die indigene Bevölkerung, die durch die Entwicklungen der letzten Jahren einszunehmend marginalisierte Randgruppe darstellt, wieder in die Gemeinschaft einzugliedern und somit zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Mexiko beizutragen. Die eigene Identität der indigenen Bevölkerung soll gefördert werden, ohne sich dabei den Ansprüchen und Entwicklungen der westlichen Welt im 21. Jahrhundert zu verweigern. Das Institut ist Teil eines Netzwerkes mehrere lokaler Sozialprojekte- und Unternehmungen, u.a. eine benachbarte Landwirtschaftskooperative, einer Keramik-Werkstatt und eines indigenen Museums.

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Zum Stand der Dinge.
Aktuell werden 30 junge Frauen am Institut ausgebildet, wovon 18 erst vor wenigen Wochen (ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung des Vereins) Ihr Studium aufgenommen haben. Unterrichtet werden sie von rund 10, zum Teil ehrenamtlich arbeitenden, Lehrkräften. Die Inhalte des Studiengang der „solidarischen Unternehmensgründung“ beinhaltet unter anderem:

  • die Schüler für die Gründung von Firmen und Unternehmen nach den Grundsätzen der “solidarischen Ökonomie” auszubilden
  • kritisches Denken zu fördern und den Studenten alternative Wirtschaftsmodelle aufzuzeigen, die die Entwicklung und Partizipation der indigenen Bevölkerung ermöglicht
  • den Studenten das soziale Unternehmertum und Projektmanagement näher zu bringen
  • die Chancen und Vorzüge einer Gesellschaft mit einer aktiven indigenen Bevölkerung zu vermitteln

Nächste Schritte.
Es wird versucht, das Bildungsangebot weiter auszubauen. Mittelfristig sollen zusätzliche Studiengänge angeboten werden, die der Region weitere strukturelle Impulse geben können. Angedacht ist zum Einen, das lokale Kunsthandwerk (und damit die inidgenen Kulturtechniken)  zu fördern, als auch eine eher technische Ausbildung anzubieten, vor allem mit Fokus auf ökologischen Landbau. Daneben gibt es Pläne für ein Fernstudium, um das Bildungsangebot für weitere indigene Studenten aus noch abgelegeneren Regionen zugänglich zu machen.

Der Lemonaid & Charitea e.V.  fördert dieses Projekt seit Sommer 2014, mit zunächst 25.000 Euro pro Jahr.